Was gibt es neues?
Einfamilienhäuser sind ein rares Gut
Preise für Einfamilienhäuser steigen in der Zentralschweiz so stark wie nirgendwo sonst
Artikel von Luzerner Zeitung 10.04.2019
In keiner anderen Region der Schweiz steigen die Preise für Einfamilienhäuser so stark wie in der Zentralschweiz. Der Grund: Sie sind zum raren Gut geworden. Ein schöner Teil kommt gar nie auf den Markt, sondern wird vererbt.
Für viele Leute sei das eigene Haus mit Garten ein Lebenstraum, sagt Robert Weinert, Leiter Immo-Monitoring beim Immobiliendienstleister Wüest Partner. «Für diesen Traum nehmen sie auch längere Arbeitswege in Kauf», so Weinert. Vor allem junge Familien aus Agglomerationsgemeinden sind auf der Suche danach. Die Nachfrage wird zudem durch die Zuwanderer aus EU-Ländern angeregt, die vor rund zehn Jahren in die Schweiz gekommen sind. «Ein Teil von denen, die sich entschieden, hier zu bleiben, sehen sich nun nach Wohneigentum um», sagt Weinert.
Auf dem Immobilienmarkt stellen sie den Gegentrend zu den jungen, urbanen Erwachsenen und den Rentnern dar, die es in die Städte zieht, weil sie dort nahe bei den guten Infrastrukturen sind. Noch vor 30, 40 Jahren war alles anders, Landflucht galt als grosser Trend. Die Einwohnerzahlen in den Städten schrumpften bis in die 1990er-Jahre. Wer es sich leisten konnte, baute in den Einfamilienhaussiedlungen der Vororte.
Wenig Platz für neue Einfamilienhäuser
Das geht heute nicht mehr so einfach. Verdichtung, und nicht Zersiedelung, ist angesagt. Die Raumplanung des Bundes zieht in den Kantonen Richtpläne nach sich, die es den Gemeinden nur noch in Ausnahmefällen erlauben, neue Einfamilienhauszonen festzulegen. Das macht aus Reiheneinfamilienhäusern und frei stehenden Einfamilienhäusern ein rares Gut. Das Angebot kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten. In der ganzen Schweiz entstanden schon vor drei Jahren bloss etwas weniger als 7000 neue Einfamilienhäuser, in der Zentralschweiz waren es 550. Kommt hinzu, dass rund 40 Prozent der Häuser gar nie auf dem Markt angeboten werden, weil die Besitzer sie an ihre Nachkommen vererben. Bei den Eigentumswohnungen ist das weniger oft der Fall.
Ebenfalls zur Verknappung tragen die Umnutzungen bei. Weinert von Wüest Partner: «Mehr und mehr alte Einfamilienhäuser mit grösserem Umschwung werden abgerissen, um Mehrfamilienhäusern Platz zu machen.»
Preise auf dem Land steigen
So ist nur folgerichtig, dass die Preise für Einfamilienhäuser seit Jahren in die Höhe schiessen. Das gilt ganz besonders für die Zentralschweiz. Gemäss dem neusten Immo-Monitoring von Wüest Partner fielen die Preisanstiege in den zurückliegenden beiden Jahren nirgendwo sonst im Land so hoch aus. Sie bewegen sich je nach Lage und Ausbaustandard zwischen 7,2 und 7,6 Prozent – die Verteuerung übertrifft den schweizerischen Durchschnitt um das Doppelte (3 bis 3,6 Prozent). Zum Vergleich: In der Ostschweiz kletterten die Einfamilienhaus-Kaufpreise um die 4 Prozent, im Kanton Zürich um die 2 Prozent. Der mittlere Preis lag in der Zentralschweiz im vergangenen Herbst mit 1,14 Millionen Franken 13 Prozent über dem schweizerischen Durchschnitt. In der Ostschweiz beziffert sich dieser Wert auf 890 000 Franken, im Kanton Zürich auf 1,29 Millionen Franken.
«Weil es in den städtischen Gebieten kaum mehr frei stehende Eigenheime zu erschwinglichen Preisen zu kaufen gibt, weichen die Käufer aufs Land aus. Das ist eine der Ursachen für die Preise-Hausse rund um den Vierwaldstätter- und Zugersee», so Weinert. Die Entwicklung verdeutlicht sich auf der geografischen Karte der Preisentwicklungen: In den Regionen Innerschwyz, Ausserschwyz, Sursee, Seetal sowie Ob- und Nidwalden kletterten die Preise alleine im zurückliegenden Herbst um mehr als 1 Prozent. Willisau und Uri verzeichnen ebenfalls höhere Transaktionspreise, wenn auch in bescheidenerem Ausmass.
Gefragt sind nicht Villen, sondern einfache Häuser
Wüest Partner sagt für dieses Jahr eine anhaltend nach oben weisende Preisdynamik voraus. «Weil die Neubautätigkeit weiter zurückgeht und darum das Angebot knapp bleibt, dürften die Preise weiter in die Höhe klettern», sagt Weinert. Er rechnet schweizweit mit einem durchschnittlichen Anstieg von 1 Prozent. Gefragt sind nicht Villen, sondern eher einfache Häuser. Den potenziellen Käufern rät er, sich in Geduld zu üben. «Sie sollten sich von Anfang an darauf einstellen, dass es lange dauern kann, ein Objekt zu finden, das ihnen passt und auch vom Preis her erschwinglich ist.» Wer fündig geworden sei, lege sein Geld jedoch gut an. «Einfamilienhäuser sind auch mittelfristig ein lohnenswertes Investment.»
Ökologisch ist die Entwicklung hin zu zentrumsfernen Gebieten nicht nur wegen des Verlusts an Kulturland nachteilig, sie zieht auch mehr Pendlerverkehr nach sich. «Das ist so», sagt Weinert. «Doch die SBB bauen ihre Frequenzen aus und einige Arbeitnehmer arbeiten einen oder mehrere Tage pro Woche von zu Hause aus. Der technologische Fortschritt macht es möglich und dämpft den zusätzlichen Berufsverkehr ab.»
Inserierte Mietpreise setzen Talfahrt fort
Die inserierten Mietpreise sinken in diesem Jahr weiter. Der Immobiliendienstleister Wüest Partner rechnet bei den Angebotsmieten mit einem Preisrückgang von 1,9 Prozent. Für die Zentralschweiz sagt er sogar ein Minus von 2,5 Prozent voraus. Zwar drosselt sich die Bautätigkeit leicht, doch das Angebot übertrifft wegen des Anlagenotstandes noch immer die Nachfrage. «Vor allem ausserhalb der Zentren steigen die Leerstände weiter, weil nun viele Mieter auf dem Lande die Gelegenheit nutzen, in die Städte und gut erschlossenen Agglomerationsgemeinden umzuziehen», sagt Robert Weinert von Wüest Partner. Am meisten gefragt sind kleine Mietwohnungen mit einem bis zweieinhalb Zimmern. Der Kauf von Eigentumswohnungen bleibt dank der tiefen Zinsen attraktiv. Obwohl auch in diesem Bereich die Neubautätigkeit leicht rückläufig ist, bleiben die Preise stabil. Hauptursache für den Abschwung dürfte eine gewisse Sättigungserscheinung sein. Die meisten, die es sich leisten können, haben bereits Wohneigentum erworben. Wüest Partner rechnet mit stagnierenden Preisen. In der Zentralschweiz sollen sie minim um ein halbes Prozent sinken.
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